Ganz gleich, ob das Gekröse nun als eigenständiges Organ betrachtet werden darf oder nicht – unbestritten ist seine Bedeutung für den menschlichen Organismus.
Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Lage und Aufbau des Gekröses wichtige Hinweise auf zahlreiche Erkrankungen liefern können. Besonders erwähnenswert sind hier Fettzellen, die sich bevorzugt um das Gekröse ansiedeln. Bei einer zu hohen Anzahl von Fettzellen entsteht das, was landläufig als „Bierbauch“ bezeichnet wird: viszerales Fettgewebe. Im Gegensatz zu anderen Fetteinlagerungen – beispielsweise an der Hüfte oder den Oberschenkeln – ist viszerales Fett von enormer gesundheitlicher Bedeutung. Das Bauchfett ist in der Lage spezielle Botenstoffe zu produzieren, die im Körper Entzündungsprozesse auslösen oder zumindest begünstigen können. Aus diesem Grund steigt das Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sprunghaft an. Auch bestimmte Krebserkrankungen, die mit übermäßigem Fettkonsum assoziiert werden, profitieren von einem Bierbauch; als Paradebeispiel sie hier auf Dickdarmkrebs verwiesen.
Auch weitere, vor allem chronische Erkrankungen, stehen aller Voraussicht nach mit dem Gekröse in engem Zusammenhang. Bei Morbus Crohn finden sich oftmals Verdickungen im Bereich des Gekröses, die die Wundheilung beeinträchtigen. Kleinere Verletzungen des Darmbereichs bluten somit weiter, ohne rechtzeitig gestoppt zu werden. Darüber hinaus zeigt das Gekröse bei einer Vielzahl von Morbus Crohn Patienten zusätzliche Fetteinlagerungen, die den Verdauungstrakt nachhaltig beeinflussen. Viele Mediziner gehen inzwischen davon aus, dass Morbus Crohn keine eigentliche Darmerkrankung ist, sondern eine Erkrankung des Gekröses – der Darm wird lediglich symptomatisch in Mitleidenschaft gezogen.
Auch Thrombosen des Verdauungsapparates sind ein ernst zu nehmendes, oftmals sogar lebensbedrohliches Phänomen. Ensteht eine Thrombose in der Hauptvene des Gekröses, so kann dies in weiterer Folge zu einem Ischämie führen, bei der Blutgefäße abgeschnürt werden. In weiterer Konsequenz treten unzureichende Durchblutung oder auch ein vollständiger Durchblutungsausfall des Verdauungstraktes auf; eine sofortige medizinische Behandlung ist unerlässlich, da sonst die Gefahr besteht, dass Gewebe unwiederbringlich zerstört wird.
Problematisch ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch die Tatsache, dass man zwar die Anatomie des Gekröses weitgehend erforscht hat, nicht jedoch seine vollständige Funktion. Anders ausgedrückt: Die Wissenschaft weiß, dass das Gekröse einen Einfluss auf zahlreiche Krankheitsbilder hat – sie kann allerdings noch nicht im Detail erklären, ob der Krankheitsverlauf auf lange Sicht positiv oder negativ beeinflusst wird.
Daher ist eine weitere Forschung auf diesem Gebiet unerlässlich, erklärt Professor Schreiber. Erst wenn die Medizin die Funktion des Gekröses wirklich im Detail verstehen kann, können Krankheiten effektiv behandelt oder sogar vermieden werden.